„Gottes Barmherzigkeit ist unendlich“
Natürlich ist Gottes Barmherzigkeit unendlich. Gott ist unendlich und deshalb müssen auch seine Eigenschaften, wie seine Barmherzigkeit, unendlich sein. Aber: Seine Barmherzigkeit ist nicht unendlich gegenüber jedem einzelnen Menschen. Das irdische Leben eines jeden Menschen ist eine Zeit der Gnade. Wenn er stirbt und Gott ablehnt, ist es mit der Barmherzigkeit für ihn vorbei.
„Jeder ist willkommen“ oder „Die Liebe Gottes ist bedingungslos“
Bei seinem Besuch in Lissabon im Jahr 2023 rief Gegenapst Bergoglio mehrfach seinen Zuhörern zu: „¡Todos, todos, todos!“ („Alle, alle, alle!“) In einer seiner Ansprachen sagte er seinen Zuhörern: „In der Kirche ist niemand überflüssig. Keiner ist überflüssig. Es ist Platz für alle. So wie wir sind. Alle. Und Jesus macht das deutlich. […] Der Herr zeigt nicht mit seinem Finger, sondern öffnet seine Arme. Das ist schon merkwürdig: Der Herr kann dies nicht tun [zeigt mit seinem Finger], aber er kann dies tun [macht die Geste der Umarmung]. Er umarmt uns alle.“
Natürlich kann jeder in die katholische Kirche eintreten. Aber Gott hat Erwartungen.
„Wenn du aber in das Leben eintreten willst, halte die Gebote!“ (Mt 19,17)
„Nicht jeder, der zu mir sagt: Herr! Herr!, wird in das Himmelreich kommen, sondern wer den Willen meines Vaters im Himmel tut.“ (Mt 7,21)
„Was nützt es, meine Brüder und Schwestern, wenn einer sagt, er habe Glauben, aber es fehlen die Werke? Kann etwa der Glaube ihn retten? […] So ist auch der Glaube für sich allein tot, wenn er nicht Werke vorzuweisen hat.“ (Jak 2,14.17)
Gott erwartet von uns, dass wir ihm folgen, seinen Geboten gehorchen und den legitimen Autoritäten, die er eingesetzt hat, den Aposteln und ihren Nachfolgern, folgen. Jeder ist in der Kirche willkommen, solange er seinen Worten Taten folgen lässt.
„Alle haben die gleiche Würde“
Schon vor dem berüchtigten und gotteslästernden Schreiben des „Dikasteriums für die Glaubenslehre“ „Dignitas Infinita“ (2024) („[e]ine unendliche Würde (Dignitas infinita), die unveräußerlich in ihrem Wesen begründet ist, kommt jeder menschlichen Person zu, unabhängig von allen Umständen und in welchem Zustand oder in welcher Situation sie sich auch immer befinden mag“) wurde behauptet, dass jeder Mensch die gleiche Würde hat.
Schauen wir mal, was wir in der katholischen Tradition finden können.
Die katholische Kirche hat immer geglaubt, dass die Taufe die Würde des Täuflings erhöht. Der heilige Paulus erklärt dies in seinem Brief an die Römer:
„Wir wurden ja mit ihm begraben durch die Taufe auf den Tod, damit auch wir, so wie Christus durch die Herrlichkeit des Vaters von den Toten auferweckt wurde, in der Wirklichkeit des neuen Lebens wandeln.“ (Röm 6,4) „Denn die sich vom Geist Gottes leiten lassen, sind Kinder Gottes. Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, sodass ihr immer noch Furcht haben müsstet, sondern ihr habt den Geist der Kindschaft empfangen, in dem wir rufen: Abba, Vater!“ (Röm 8,14-15)
Durch die Taufe wird der Täufling von einem Sklaven der Sünde zu einem Kind Gottes.
Ein weiteres Beispiel. Pius XII. schrieb 1947 in seiner Enzyklika Mediator Dei:
„Es ist auch nicht verwunderlich, daß die Christgläubigen zu solcher Würde erhoben sind. Durch das Sakrament der Taufe werden ja die. [sic] Christen in einem allgemeinen Sinn Glieder am Mystischen Leibe des Priesters Christus, und durch den ihrer Seele gleichsam eingemeißelten «Taufcharakter »werden sie zur Gottesverehrung bestellt; insofern nehmen sie, ihrem Stande entsprechend, am Priestertum Christi selbst teil.“
„Die Gläubigen mögen also bedenken, zu welcher Würde sie das heilige Bad der Taufe erhoben hat […]“
Der Mensch kann seine eigene Würde auch dadurch verringern, dass er Sünden begeht, und er kann seine Würde durch Reue erhöhen. Der heilige Thomas von Aquin erklärt dies in seiner Summa Theologiae:
„Durch Sünde verliert der Mensch eine doppelte Würde: eine, die er vor Gott hatte, und eine andere, die er innerhalb der Kirche besaß. Die Würde vor Gott, die er verliert, ist wiederum doppelt. Eine hauptsächliche, sofern er auf Grund der Gnade zu den Kindern Gottes zählte; und diese Würde gewinnt er durch die Buße wieder. Das wird [im Gleichnis] vom verlorenen Sohn angedeutet (Lk 15,22): der Vater befahl, dem Büßenden ‚das erste Gewand, einen Ring und die Schuhe‘ zurückzugeben. — Eine zweitrangige Würde, die er verliert, ist die Unschuld, deren sich ältere Sohn rühmte, indem er sprach (Lk 15, 29): ‚Siehe, schon viele Jahre diene ich dir und niemals habe ich dein Gebot übertreten.‘ Und diese Würde kann der Büßende nicht zurückgewinnen [I 21, 4 Zu 3: Bd. 2].“ (Summa Theologiae III 89, Artikel 3, hier)
Das heißt, man kann die Würde, ein Kind Gottes zu sein, wiedererlangen, aber man kann die Unschuld nicht wiedererlangen.

Auf dem Ölberg in Ostjerusalem von Stephanie Matthiesen (2018) unter der CC-BY-NC-ND 2.0-Lizenz, hier