Historischer Mythos: Papst Honorius I. war ein Häretiker und deshalb ist die Lehre von der päpstlichen Unfehlbarkeit falsch
Papst Honorius I. (Papst 625-638) ist einer der wenigen Päpste, die überhaupt der Häresie bezichtigt werden können. Doch wie auch in den anderen Fällen, fällt das Argument flach.
Die Grundlage für diese Anschuldigung ist diese Passage in einem seiner Privatbriefe: „Wir bekennen den einen Willen unseres Herrn Jesus Christus, da unsere [menschliche] Natur eindeutig von der Gottheit angenommen wurde, und zwar fehlerlos, wie sie vor dem Sündenfall war.“ (Zitiert in Charles Joseph Hefele, A History of the Councils of the Church, Bd. 5 (Edinburgh: T. & T. Clark, 1896; AMS Reprint, 1972), 29, wiederum zitiert hier) Zum einen war dies in einem privaten Brief enthalten, nicht in einem offiziellen Dokument, und zum anderen wollte er nur sagen, dass die beiden Willen Jesu ein einziger Wille waren, das heißt, die beiden Willen wollen dasselbe. Es ist zu beachten, dass er „vor dem Sündenfall“ hinzufügt. Damit will er sagen, dass es, wie Paulus in Römer 7,21-23 sagt, im Menschen zwei gegensätzliche Willen gibt: einen, der ihn zu Gott zieht, und einen, der ihn zur Sünde zieht. Bei Jesus gab es diesen Konflikt nicht, da er ohne Sünde war. Wie Steven O’Reilly in seinem ausgezeichneten Artikel zu diesem Thema erklärt (hier), bezieht sich Honorius also auf die menschliche Natur Christi, nicht auf seine göttliche und seine menschliche Natur. Andernfalls würde es keinen Sinn machen, sich auf die menschliche Natur vor dem Sündenfall zu beziehen.
Er wurde vom Dritten Konzil von Konstantinopel im Jahr 680 anathematisiert. Der Papst steht jedoch über einem ökumenischen Konzil, er kann es überstimmen. Papst Leo II. war mit dem Urteil des Konzils nicht einverstanden und befand Honorius nur bei Fahrlässigkeit für schuldig: Die Verbreitung von Irrlehren war Honorius egal. Leo schrieb, dass Honorius „die Flamme der häretischen Lehre nicht in ihren ersten Anfängen löschte, sondern sie durch seine Nachlässigkeit förderte“ (Leonis II ad Episcopos Hispanie in der Catholic Encyclopedia 7:455, zitiert hier). Nachlässig und desinteressiert zu sein, wenn Häresien verbreitet werden und einen zweideutigen Satz in einem privaten Brief zu verwenden, ist nicht dasselbe wie ein Häretiker zu sein.
Auch Leute, die gegen die Monotheliten waren, wie Maximus der Bekenner, erklärten, dass die Monotheliten „gegen den Apostolischen Stuhl selbst lügen, wenn sie behaupten, Honorius sei einer Meinung mit ihrer Sache“. (hier)
Historischer Mythos: Giordano Bruno wurde für seine wissenschaftlichen Entdeckungen auf dem Scheiterhaufen verbrannt
In atheistischen Kreisen wird der italienische Philosoph und Okkultist Giordano Bruno (1548-1600) gerne als „Märtyrer für die Wissenschaft“ bezeichnet. Eine deutsche atheistische Stiftung trägt den Namen „Giordano-Bruno-Stiftung“. Er wurde in Rom auf dem Scheiterhaufen verbrannt, nachdem die Inquisition in Rom ihn der Ketzerei für schuldig befunden hatte. Viele Atheisten behaupten jedoch, dass seine Hinrichtung aufgrund seines Glaubens an den Heliozentrismus und die Idee von „unendlich vielen Welten“ im Universum geschah.
Bruno war kein Wissenschaftler, wie viele behaupten. Er führte keine empirische Wissenschaft, wie Beobachtungen oder Experimente, durch. Sein Glaube an den Heliozentrismus, ein unendliches Universum und unendlich viele Planeten entstammte nicht der Wissenschaft, sondern seinen okkulten Überzeugungen. Außerdem war er ein Pantheist, kein Atheist.
Tim O’Neill, Authors des Blogs „History for Atheists“ bemerkt treffend, dass Giordano Bruno mit Deepak Chopra, einem pseudowissenschaftlichen New-Age-Arzt, und nicht mit einem echten Wissenschaftler vergleichbar ist. „Er akzeptierte die Wissenschaft nur, wenn sie seinen nicht-wissenschaftlichen Ideen entsprach.“ Und: „In seinem De immenso stieß er auf das Problem, dass sich die Planeten nicht so bewegten, wie es seinem mystischen Vision entsprach. Aber er wischte dies einfach beiseite, indem er seinen Lesern fröhlich versicherte, dass ‚die Geometer‘ schließlich erkennen würden, dass er recht hatte. Das taten sie nicht.“ (hier)
Die genaue Liste der Anklagen der römischen Inquisition ist verloren gegangen, aber die Anklagen, die 1591 von der venezianischen Inquisition gegen ihn erhoben wurden, sind erhalten. Er wurde der Ketzerei beschuldigt, insbesondere der Bezeichnung Jesu als Zauberer, der Leugnung der Transsubstantiation und der Dreifaltigkeit. Er wurde zu seinen wissenschaftlichen Ideen befragt, aber sie waren nicht der Grund für seine Hinrichtung.
Es ist klar, dass die katholische Kirche kein Problem mit wissenschaftlichen Untersuchungen hatte und dass Giordano Bruno wegen Ketzerei hingerichtet wurde. Das ist tragisch, aber er ist kein „Märtyrer der Wissenschaft“.