Fragen und Antworten – Teil 1: Religion.

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Aus dem Buch Világnézeti Válaszok (Antworten zu Weltanschauungsfragen) von P. Béla Bangha S.J.

Wer spricht heute noch über Religion? Das Zeitalter der Religion ist vorbei und die Menschheit wendet sich neuen Ideen zu.

Das sagen die Feinde der Religion seit ein paar hundert oder tausend Jahren, und die Religion ist immer noch da und lebendig und gewinnt immer wieder neuen Schwung, oft an Orten, wo man sie schon fast begraben glaubte. Der Grund dafür ist, dass die Religion eine so ernste Angelegenheit und so tief in der Natur des Menschen verwurzelt ist, dass sie, selbst wenn ihre Stimme eine Zeit lang zum Schweigen gebracht wird, immer wieder auftaucht und ihre natürlichen Rechte einfordert.

Religion hat es immer gegeben und wird es immer geben, solange der Mensch auf der Erde lebt. Denn jeder Mensch, der nicht blind und wahnsinnig ist, muss sich zwangsläufig früher oder später die Frage stellen: Woher kommt die Welt? Wohin geht das Leben? Und was ist der Grund, der Zweck, die Bedeutung von allem, was geschieht? Und sobald der Mensch nach diesen Fragen sucht, wird er keine ernsthafte Antwort auf sie finden, außer der, die zu Gott führt und die Grundlage der Religion ist.

Ein gebildeter Mensch kann ohne Religion existieren.

Wenn er die Stimme der Vernunft in sich, die nach den letzten großen Fragen sucht, gewaltsam zum Schweigen bringt, dann kann der Mensch tatsächlich eine Zeit lang ohne Religion existieren. Das ist aber kein Zeichen von Kultur, sondern von geistiger Armut, von Einseitigkeit, von mangelndem Mut, der die geistige Orientierung oft nur willkürlich verengt. Die Geschichte zeigt aber, dass gerade die am meisten gebildeten und tiefgründigsten Geister nach Lösungen für Fragen der Weltanschauung gesucht haben, und die meisten von ihnen haben sie in der christlichen Religion gefunden. Niemand hat also das Recht, in der Religion einen Mangel an Bildung zu sehen.

Im Gegenteil, es ist verdächtig, dass es die Halbgebildeten sind, die sich im Gegensatz zur Religion auf ihre eigene große Bildung berufen. So wenig es unter den wirklich Gebildeten Nichtreligiöse gibt, so häufig ist das leere Prahlen mit dem Unglauben unter den oberflächlich Gebildeten oder nur einseitig (z.B. technisch) Gebildeten und vor allem in den Reihen der völlig Ungebildeten. In den meisten Fällen ist die Irreligiosität ein Zeichen von Gedankenlosigkeit, Wichtigtuerei und intellektueller Adoleszenz.

Religion erstickt die Freude am Leben.

Es ist wahr, dass die Religion das ungezügelte und skrupellose Ausleben unserer Instinkte nicht zulässt. Die Religion bremst unsere Leidenschaften und setzt unseren ausufernden Begierden Grenzen. Aber sie schützt auch den wertvollsten Schatz des gesellschaftlichen Zusammenlebens: die Moral und die gegenseitige Achtung der Rechte.

Wehe der menschlichen Gesellschaft, wenn jeder tun könnte, was er will! Wenn der Dieb frei wäre zu stehlen, wenn der Tyrann frei wäre, grausam zu sein, wenn der Kluge und Gerissene frei wäre, seinen Nächsten auszubeuten, wenn der Ranghöhere frei wäre, die untergeordnete Stellung anderer nach Belieben zu missbrauchen, wenn Mann und Frau frei wären, ihren Begierden zu frönen und die eheliche Treue mit Füßen zu treten, wenn Kinder frei wären, sich auszutoben und ungestraft ihre Pflicht zu Dankbarkeit und Respekt gegenüber ihren Eltern zu vergessen. Das hemmungslose Streben nach den Freuden des Lebens käme nur Veruntreuern, Räubern und Schurken zugute, nicht aber ehrlichen Menschen.

Es gibt jedoch eine Lebensfreude: die Freude des guten Gewissens, des Friedens der Gottes- und Menschenliebe und der seligen Sicherheit der Hoffnung auf das ewige Leben, die zwar nicht so laut ist wie die Vergnügungen der Sinnlichkeit, aber eine tiefere, wahrere und erhebendere Freude ist als alle Vergnügungen dieser Welt. Und die Religion ist die wahre Mutter und Trägerin dieser Freude.

Die moderne Wissenschaft hat die Religion verdrängt.

Früher war es in Mode, so zu reden; heute ist es nicht mehr so. Die Wissenschaft ist jetzt bescheidener, denn welche Wissenschaft hätte die Religion gestürzt? Und welche These der Religion hat sie gestürzt? Man soll mit Nachdruck zeigen: wo ist jener Widerspruch, und begnüge man sich nicht mit leerem Gerede! Keine These der katholischen Religion ist bisher im Namen irgendeiner Wissenschaft als falsch und im Widerspruch zur Wissenschaft erwiesen worden. Das Gegenteil ist der Fall: Alle Lehren der Irreligion und des Unglaubens sind wissenschaftlicher Unsinn.

Gäbe es tatsächlich einen Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft, so wäre er vor allem von jenen Geistesgrößen bemerkt worden, die das brillanteste Wissen mit dem kindlichsten Glauben und Frömmigkeit verbinden konnten, wenn solche Geistesgrößen wie Newton und Laplace, Volta und Ampère, Gauss und Cauchy, […] und Gregor Mendel, Röntgen und Maxwell, keinen Widerspruch zwischen Religion und Wissenschaft fanden, welches Recht haben dann Zwerge, kleingeistige Parteisekretäre und bolschewistische Ignoranten, im Namen der Wissenschaft gegen die Religion zu schreien?

Die Hauptsache ist, dass jeder ehrlich lebt, die Religion ist zweitrangig.

Erstens: Wir brauchen die Religion gerade deshalb, damit jeder ehrlich sein kann! Zweitens: Wer nicht religiös ist, das heißt, wer seine Pflicht gegenüber Gott nicht erfüllt, kann bereits deswegen nicht ehrlich genannt werden. Ist es wichtig, dass jeder ehrlich ist? Richtig; jeder Mensch soll also seine Pflicht tun. Aber alle seine Pflichten, und vor allem seine Pflichten gegenüber Gott! Denn wo die Menschen Gott nicht gehorchen, da halten sie erfahrungsgemäß auch die Pflichten der Ehre und des Anstandes untereinander nicht ein. Papst Pius XII. schreibt zu Recht, dass Kriege, Vertragsbrüche, Feindschaften und Unmäßigkeit daraus entstehen, dass derjenige, der sich nicht vor dem Gesetz Gottes beugt, sich auch vor keinem moralischen Gesetz beugt.

Unter den Religiösen gibt es Charakterlose und sogar Übeltäter, aber auch unter den Irreligiösen gibt es Menschen mit Charakter.

Daraus folgt allenfalls, dass es überall Ausnahmen gibt. Aber jeder fühlt es als Ausnahme, wenn jemand als religiöser Mensch sich selbst so sehr vergisst, dass seine Handlungen nicht mit den hohen Idealen übereinstimmen, die aus der Religiosität erwachsen. Und ebenso ist es eine eklatante Ausnahme, wenn ein Mensch die Erfordernisse der natürlichen Moral penibel genau beachtet, aber gleichzeitig nicht merkt, dass er in der höchsten und natürlichsten Pflicht, nämlich Gott zu verehren und zu dienen, zu kurz kommt. Die edelsten Männer, die leuchtendsten Beispiele von Pflicht und Gewissenhaftigkeit, die selbstlosesten Patrioten und Familienväter, die edelsten Mütter und Ehefrauen, die hingebungsvollsten Kinder und die reinste Jugend, sind immer auf dem Boden des religiösen Lebens aufgewachsen, während die Übeltäter, die Betrüger, die Unzucht treibende und Diebe, die Egoisten, die, die Andere skrupellos mit Füßen treten, fast ausnahmslos unter den Irreligiösen zu finden sind. Man braucht sich nur im Leben umzusehen!

Gott braucht nicht, dass ich mich äußerlich vor Ihm verneige.

Er ‚braucht‘ es nicht, das ist wahr, aber du brauchst es, du hast eine Verpflichtung. Auch der König, der Fürst oder der Gouverneur verlangt nicht, dass du ihm huldigst, wenn du vor ihm erscheinst, aber er kann von dir verlangen, dass du ihm huldigst, und zwar in der Form, die er wünscht und die das Gesetz verlangt.

Nicht Gott verlangt deine äußere Ehrerbietung, sondern die Vernunft und die Moral, die Ehre und das göttliche Gesetz, die den obligatorischen Ausdruck eines Gefühls der Unterwerfung und des Gehorsams verlangen.

Das Christentum entwürdigt die Menschenwürde, weil es Demut, Unterwerfung, Knechtschaft verlangt.

Demütige und gehorsame Unterwerfung unter den allmächtigen Gott ist in der Tat die elementare Pflicht von uns allen. Aber diese Pflicht demütigt und erniedrigt nicht. Sie wird vielmehr durch jenen prahlerischen Stolz erniedrigt, der sich nicht einmal vor seinem höchsten Herrn und Schöpfer verneigen will, sondern mit kindlicher Widerspenstigkeit und Einbildung vorgibt, sein eigener Gott zu sein, als ob er sich alles, was er hat, sich gegeben hätte, und nicht von der freien Gnade Gottes. Sich vor Gott, dem Schöpfer, erhebt einem; Gott zu dienen heißt, zu herrschen.

Und ist es nicht seltsam, dass gerade diejenigen, die so hoch von der menschlichen Würde sprechen, selbst Sklaven sind: Sklaven ihrer eigenen kleinlichen, ja niederen Neigungen, und die sich vor den Menschen auf dem Boden kriechen, wenn es darum geht, von ihnen eine kleine Auszeichnung oder einen materiellen Vorteil zu erbetteln!

Ich bin religiös, aber ich lebe meine eigene Religion.

Warum sagst du nicht gleich: Ich bin Wissenschaftler, aber ich folge einer Wissenschaft, die ich selbst gemacht habe! Ich liebe Arithmetik, aber ich nehme mein eigenes Einmaleins als Grundlage. Ich bin reich, aber ich habe nur Geldscheine, die ich selbst gefälscht habe. Ich bin Soldat, aber ich nehme keine Befehle von irgendeinem Offizier entgegen, sondern ich gehe und schieße und kämpfe, wo und wann es mir passt. Religion ist keine Frage des individuellen Vergnügens. Bei der Entscheidung, was die richtige Religion ist, sind nicht wir die obersten Richter, sondern Gott. Die einzig richtige Religion ist diejenige, die dem folgt, was Gott offenbart und befohlen hat, es akzeptiert, praktiziert und danach lebt. „Meine eigene“ Religion ist nur so gut, wie der Wunsch eines Menschen, dem Staat nur die Gesetze anzuerkennen, die er selbst gemacht hat. Das wäre reine Rebellion und offene Ablehnung der Nation.

[…]

Die Religion verhindert weder das Leid, noch rottet sie die Sünde aus, noch beseitigt sie Ungerechtigkeit und Unterdrückung der Armen.

Wo die Religion in der Seele erloschen ist, kann sie auch keine Wunder bewirken. Die überwiegende Mehrheit des menschlichen Elends und Leidens ist das Ergebnis der Sünde, d.h. der Vernachlässigung der Religion, z.B. die meisten Kriege. Wenn die Menschen religiöser wären, alle, auch die Anführer, die Verwalter der Geschicke der Staaten, gäbe es sicher viel weniger Probleme in der Welt, weniger Ungerechtigkeit, weniger Frieden, weniger Böses. Alles Übel könnte man auch dann nicht von der Erde tilgen, z.B. den Großteil der Krankheiten und den Tod.  Aber das ist nicht die Aufgabe der Religion. Religion veredelt das Leiden und gibt dem Leidenden die geistige Kraft, den unvermeidlichen Schmerz ruhig und im Vertrauen auf Gott zu ertragen; sie versüßt selbst die peinlichste Demütigung und Krankheit und sogar den Tod.

Gerade weil sie den Menschen angesichts des Problems des Leidens und vor allem der schrecklichen Notwendigkeit des Todes völlig ohne Trost und Hoffnung lässt, ist die Irreligiosität der größte Fluch.

Es macht keinen Unterschied, welcher Religion man folgt!

Das ist im Grunde dasselbe wie zu sagen: Es ist egal, welches Einmaleins man folgt!

Wer sagt, dass zwei mal zwei gleich zehn oder gar neunhundert ist, hat genauso Recht wie der, der sagt, dass zwei mal zwei gleich vier ist.

Religion ist weder eine Fantasie noch ein Spiel, sondern Wahrheit, und Wahrheit kann nicht im Widerspruch zu sich selbst stehen. Wahr ist also nur diejenige Religion, die nur das enthält, was Gott geoffenbart und befohlen hat. Jede Religion, die in irgendeiner Hinsicht davon abweicht, ist eine irrige Religion, entweder weil sie nicht alles akzeptiert, was Gott geoffenbart oder befohlen hat, oder weil sie als göttliche Offenbarung lehrt, was Gott nicht geoffenbart hat. Es ist also nicht wahr, dass es keinen Unterschied macht, wer welcher Religion folgt!

Jede Religion behauptet, sie sei richtig; wie kann ich wissen, welche Recht hat?

Wir geben zu, dass der einzelne Mensch oft viel lernen muss, um den wesentlichen Unterschied zwischen falschen und irrigen Religionen und der wahren Religion zu erkennen. Die Erziehung, das Umfeld, die kritiklos übernommenen Vorurteile machen es oft sehr schwer, den eigenen Weg zu finden. Aber es ist objektiv unmöglich, dass Gott die wahre Religion so unerkennbar gemacht hat und ihr nicht auch solche Unterscheidungsmerkmale gegeben hat, an denen sie als solche erkannt und vom Irrtum unterschieden werden kann.

Und in der Tat, wer ernsthaft forscht, wer die katholische Religion und andere Religionen unvoreingenommen studiert, wird mit fast unfehlbarer Sicherheit zur Erkenntnis der einen wahren Kirche kommen. Worin diese Unterscheidungsmerkmale bestehen, wird im Folgenden erörtert.

Wir beten den einen Gott an, ganz gleich, wer in welche Kirche geht.

Aus der Tatsache, dass wir einen Gott anbeten, folgt nicht, dass es egal ist, wie wir ihn anbeten und was wir als seine Offenbarung und sein Gebot betrachten. Juden und Muslime beten einen Gott an, aber es ist nicht dasselbe, ob ich ein Jude, ein Muslim oder ein Christ bin. Es ist auch nicht dasselbe, ob ich als Christ Gott im Rahmen der katholischen Religion diene und verehre, die völlig authentisch ist und auf dem göttlichen Willen beruht, oder in einem Rahmen, der mehr oder weniger im Widerspruch zu den Anordnungen Gottes steht.

Sind dann alle verdammt und nur Katholiken gerettet?

Auch dies ergibt sich nicht aus dem oben Gesagten. Denn es ist eine Sache, ob eine Religion an sich wahr und allein richtig ist, und eine andere, ob es nicht Menschen gibt, die sich zwar objektiv irren, aber ohne eigenes Verschulden, so dass ihr Irrtum nicht der moralischen Zurechnung unterliegt. Wer nicht aus Nachlässigkeit, Verachtung oder Eigensinn an einer irrigen Religion festhält, sondern einem echten Irrtum zum Opfer fällt, begeht damit keine Sünde und braucht dafür nicht verdammt zu werden.

Jeder Mensch soll also in dem Glauben bleiben, in den er hineingeboren wurde.

Auch dies ergibt sich nicht aus dem oben Gesagten. Im Gegenteil, es ist die heiligste Pflicht eines jeden Menschen, die Wahrheit, die Offenbarung und den Willen Gottes, d.h. die wahre Religion, nach besten Kräften zu suchen und, wenn er sie gefunden hat, ihr über alle Hindernisse hinweg zu folgen. Wer aber ohne eigenes Verschulden im Irrtum bleibt, sündigt nicht. Wer dagegen die Wahrheit erkannt hat und ihr nicht folgt, der sündigt schwer, und dafür kann er verdammt werden.

Sind „Himmel“ und „Hölle“ keine kindischen Ausdrücke?

Wenn Gott sagt, dass es eine ewige Seligkeit und eine ewige Strafe gibt, die wir gleich Himmel und Hölle nennen werden, dann ist es nicht nur möglich, sondern notwendig, daran zu glauben. In der Tat ist es das einzig Ernsthafte, daran zu glauben.

Nur weil ich es nicht sehen kann, kann es etwas geben und es gibt es auch. Denn ich kann meinen Geist nicht sehen, und vermutlich gibt es ihn. Vom Leben nach dem Tod wird übrigens weiter unten die Rede sein.

Creative Commons Zero

Dieser Text ist unter der Creative Commons Zero License veröffentlicht. Der ursprüngliche Autor starb 1939, daher ist der ungarische Originaltext gemeinfrei.